Wie soll man sich bloß verhalten? Aus dem Radio ruft es mir entgegen: „Wir waren so lange geduldig. Jetzt haben wir uns wieder gute Nachrichten verdient.“ Und: „Wir freuen uns, wieder für Sie da zu sein! Unsere Gebraucht- und Neuwagenangebote stehen bereit.“ Ich soll wieder kaufen, die Lockerung vieler Beschränkungen sollen die Geschäfte in Schwung bringen.Doch das Virus ist noch da. Was bedeuten diese veränderten Bestimmungen für uns als Kirchengemeinde? Die ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Lieberknecht kritisiert die Kirche. Sie lasse Menschen in der Krise allein. Hätte man die Begrenzung der Besucherzahlen bei Beerdigungen als unmenschlich kritisieren müssen? Andererseits sind in Italien innerhalb weniger Wochen mehr als 100 Priester an Covid 19 gestorben, weil sie Kranke besucht und Sterbende begleitet haben. Da wurde der Vorwurf laut, die Kirche habe sich in unverantwortlicher Weise an der Ausbreitung der Epidemie beteiligt. Ich höre den Wunsch, besucht zu werden. Viele freuen sich, dass sie sich in Präsenzsitzungen wiedersehen und nicht mehr nur per Video. Wir haben inzwischen fast in jeder Kirche Gottesdienst gefeiert. Dabei versuchen wir, das entwickelte Hygienekonzept umzusetzen, tragen Masken, desinfizieren die Hände, singen nicht … . Es gibt keine Erfahrungen, auf die wir zurückgreifen können. Wir sammeln Erfahrungen. Manches bewährt sich nicht. Ein Bibelvers kam mir in den Sinn: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim. 1,7) Furcht, vielleicht sogar Angst ist oft kein guter Ratgeber. Angst kann lähmen und handlungsunfähig machen. Dann fühle ich mich kraftlos und hilflos. Gott hat uns die Kraft gegeben, unser Handeln von Liebe zu den Menschen geprägt sein zu lassen. Und wir handeln mit Besonnenheit, in gemeinsamen Ringen und Suchen, zum Beispiel in der Dienstbesprechung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, im Presbyterium, als Pfarrer und Pfarrerin. Immer auf der Suche nach einer tragfähigen Lösung, die sowohl die Empfehlungen zum Schutz der Gesundheit berücksichtigt als auch den Wunsch nach Begegnung. Wir handeln im Vertrauen auf die Zusage: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Amen